Jahrgang 1955 – ledig – 1 Kind – hauptberuflich Rheinländer und Rentner – nebenberuflich ehrenamtlicher gesetzlicher Betreuer.
Meine FASD Vita
Vor einigen Jahren bat mich meine damalige Freundin, ob wir nicht einmal ihren Bruder, der in einem psychiatrischen Wohnheim lebe, besuchen könnten.
Was ich vorfand, war allerdings nicht ein psychisch kranker Mensch von nicht einmal 30 Jahren, der in einer geschützten Einrichtung angemessen betreut, behandelt und gepflegt wurde, sondern einen, augenscheinlich obdachlosen, schwer drogenabhängigen Bettler und Kleinkriminellen, der seine Tage am Hauptbahnhof in Hannover fristete und gelegentlich in die Betreuungseinrichtung einfiel, um dort Kraft für den nächsten Drogenexzess zu sammeln. Keiner der zuständigen Pfleger und Ärzte, nicht der gesetzliche Betreuer, noch die Justiz oder die Polizei, und natürlich auch nicht er selbst, schien in der Lage zu sein, den Weg in den Abgrund und frühen Tod aufzuhalten.
Es gelang mir, als Vater einer normal geratenen Tochter, der mit männlichen Zöglingen oder psychisch Kranken keinerlei Erfahrungen hatte, erstaunlicherweise sofort einen Kontakt zu ihm aufzubauen; offensichtlich als einziger seiner betreuenden Umgebung, sodass man mich beinahe flehentlich bat, die Betreuung für ihn zu übernehmen. In völliger Unkenntnis was mich erwartete, ließ ich mich zum gesetzlichen Betreuer ernennen.
Damit begann mein Weg mit ihm durch die Psychiatrie und Drogenhölle.
Als Erstes hatte ich Berge von Gutachten, ärztlichen Stellungnahmen, Gerichtsakten, Entwicklungsberichten usw. zu studieren und kam zu dem Ergebnis, dass die allgemein behaupteten Diagnosen – paranoide Schizophrenie, drogeninduzierte Psychosen – nichtzutreffend sein konnten. Insbesondere, weil offensichtlich alle „wirksamen Medikamente“ (er hat sie wirklich alle durch) offensichtlich eben nicht wirksam waren.
Nach einem weiteren Unterbringungsgutachten – á la: formulieren wir das, was die Vorgutachter geschrieben haben, etwas um und schreiten zur Kasse – gelang es mir, das Betreuungsgericht Hamburg zu veranlassen, eine für ihre herausragende Kompetenz bekannte Gutachterin zu beauftragen.
Plötzlich hieß seine Krankheit Fetales Alkoholsyndrom (FASD). Auf 37 Seiten wurde kompetent und schlüssig erklärt, was es ist, woher es kommt und wohin es führt. Und sofort ließ sich alles erklären, was bisher passiert war.
FASD ist aber keine Krankheit, die man behandeln kann, sondern eine lebenslange, meist unsichtbare Behinderung!
Aber dann musste ich feststellen, dass es offenbar auch eine weithin unbekannte und unterschätzte Behinderung ist. In der Kindheit, Jugend und früher Adoleszenz oft noch „sichtbar“ und Ziel von durchaus intensiven Bemühungen, eine „Besserung“ herbeizuführen, verschwindet Wahrnehmung und Verständnis im weiteren Erwachsenenleben fast vollständig, sodass es auch nahezu keine adäquaten Unterstützungen gibt.
Meine Ziele innerhalb des Aktionsbündnisses sind
- Förderung der Diagnosekapazitäten für FASD
- Anerkennung von FASD als lebenslange Behinderung
- Aufbau von dauerhaft lebenswerten Strukturen für FASD-Behinderte im Erwachsenenalter
Sie können mich unter erreichen.