Wieder mal ist 9. September. Der Tag des alkoholgeschädigten Kindes! Toll. Im Fernsehen wird der eine oder andere Erstaufklärungsbeitrag laufen, in den Zeitungen wird etwas gedruckt, in den sozialen Medien taucht ein neuer Blog, Erklärfilm oder Betroffenen-Video auf. Die zahlreichen Initiativen posten natürlich was. Alles buhlt um Aufmerksamkeit.
So auch wir.
Wir posten das gesammelte, der Politik im Bundestag vorgetragene Wissen. Von den Koryphäen der FASD-Zunft vorgetragen. Seitens der Politik außerordentlich gewürdigt! Beinahe nichts wurde ausgelassen. Toll!
Lesen Sie bitte das hier … oder überfliegen Sie es wenigstens mal.
Ein fantastischer Erfolg – hätte der Event gestern stattgefunden.
Aber das war im Jahr 2012.
Wir fragen uns, warum seitdem gefühlt nichts, defacto sehr wenig passiert ist, außer dass die Anzahl der Aufklärungsbroschüren, der bewegten Angehörigen, der Initiativen, die sich meist ehrenamtlich um Aufklärung und Verbesserungen bemühen, exponentiell gestiegen ist.
- Erwachsen aus solchen Gesprächen keine Aufgaben, deren Erledigung irgendwer nachhält?
- Haben die beteiligten Politiker ihren Nachfolgern nichts auf den Tisch gelegt?
- Haben die beteiligten Fachleute nicht genügend nachgehakt?
- Schreien die Betroffenen selbst zu wenig?
- Nerven die Angehörigen entsprechend zu viel?
- Hat die Politik vielleicht hinter geschlossenen Türen entschieden, das es Wichtigeres gibt?
- Ist FASD so ermüdend, dass nicht Betroffene unbewusst meiden, sich zu sehr damit zu beschäftigen?
- Hat die Alkohol produzierende Industrie eine zu starke Lobby?
- Mag man es nicht, wenn unserer aller Lieblingsdroge so diskreditiert wird?
Oder sollte man statt all der aufklärerischen Strampeleien, bemühten Medienbeträge und ehrenamtlichen Selbstausbeutungen lieber die täglich entstehenden Schäden justiziabel aufbereiten und Investoren die Beteiligung an Klage- und Schadensersatzprozessen als Geschäftsmodell vorschlagen? Das Gesetz und alle Verordnungen zu Versorgung und Teilhabe ständen bereits auf unserer Seite.
FASD ist nach wie vor keine anerkannte Behinderung, ist nicht in der Versorgungsmedizin angekommen, es gibt bundesweit nur eine Handvoll Einrichtungen, die passende Betreuungsangebote auf dem Zettel haben, Psychiatrien wissen nicht, was sie mit Gutachten zu FASD anfangen sollen, Psychologen, Sozialarbeiter und Bezugstherapeuten raten besorgten Angehörigen immer noch gerne, sie sollen doch mal loslassen, die meisten gesetzlichen Betreuer können FASD kaum buchstabieren, Klagen von Adoptiveltern gegen unterlassene Aufklärungen seitens der Jugendämter scheitern nach wie vor vor dem BGH, selbst die Fachkräfte wissen kaum, dass Fachkräfte an allen Ecken fehlen.
Und es gibt immer noch Frauenärzte, die Müttern ein Gläschen zur Entspannung empfehlen … und hunderttausende von Betroffenen, die im Helfersystem, auf der Straße, im Knast oder in der Psychiatrie scheitern oder verwahrlosen, ohne den Hauch einer Ahnung zu haben.